Irland - die kleine grüne Insel

Eine kurze Fotoreportage über mein 3-monatiges Praktikum in Irlands Hauptstadt und meine Erfahrungen als Praktikantin und Touristin allein in einem fremden Land.

Ausblick aus dem Flugzeug auf der Hinreise

Mit dem Abi in der Hand und zufriedenem Lächeln habe ich mich von der Schule verabschiedet. Der bisher größte und wichtigste Lebensabschnitt ist vorbei. Und jetzt?

Ich wollte nicht direkt anfangen zu studieren, aber mein Ziel stand fest: Ich will Lehrerin werden. Damit ich in meinem Jahr Pause trotzdem etwas mache, was mich weiterbringt und mir für mein Studium hilft, beschloss ich, ein Praktikum an einer Schule im englischsprachigen Ausland zu absolvieren. Schnell fand sich auch Ort und Zeit. Von Januar bis April durfte ich als unterstützende Lehrkraft an der „Belmayne Educate Together National School“ im Norden Dublins meine ersten Erfahrungen als Lehrerin sammeln. Rückblickend war eine der aufschlussreichsten und intensivsten Zeiten, die ich hatte und genau die richtige Entscheidung.

Einer der ersten Abende beim Spaziergang in meiner Nachbarschaft

Beginnen wir ganz vorne. Anfang Januar 2022 ging es für mich los. Ich war total aufgeregt, denn ich bin noch nie so wirklich ganz allein verreist und schon recht nicht mit dem Flugzeug. Ich bin ohne Probleme angekommen und hatte die erste Hürde geschafft :)

Die drei Monate habe ich in einer Gastfamilie verbracht. Die ersten Tage war ich noch sehr zurückhaltend und musste mich einleben, aber mit der Zeit habe ich mich immer besser mit meiner Gastmutter verstanden und mich auch wohler gefühlt. Ich hatte im Vorhinein schon Angst, nicht mit meiner Gastmutter klarzukommen oder mich unwohl im Haus zu fühlen. Es war eine neue Situation für mich, aber durch offene Kommunikation und etwas gegenseitiger Rücksichtnahme funktionierte alles super. Natürlich musste ich mich zurücknehmen, man ist am Ende trotzdem nur ein Gast, aber die Zeit in der Familie fand ich mit eine der Schönsten. Abends hat meine Gastmutter immer für mich gekocht und wir haben uns ganz viel unterhalten und schnell eine vertraute Beziehung zueinander aufbauen können. Auch jetzt haben wir noch manchmal Kontakt.  Dafür bin ich sehr dankbar, denn ich glaube, dass das Leben in der Gastfamilie einen wesentlichen Einfluss darauf hat, wie schön die Zeit wird. Denn wenn man sich nicht wohlfühlt, dann kann man es auch nicht genießen!

Regenbogen in der Mittagspause auf dem Schulhof

Meine Praktikumsschule war die Grundschule „Belmayne Educate Together National School“. Dort habe ich in zwei Parallelklasse als Aushilfslehrerin die leistungsschwachen Kinder unterstützt und mit ihnen die Aufgaben bewältigt. Die Zeit in der Schule war unglaublich lehrreich und auch wenn ich selbst Gymnasiallehrerin werden möchte, konnte ich viele Lehrmethoden mitnehmen, die genauso auch für ältere Schüler funktionieren.

Am Anfang war das Schulkonzept neu für mich. In Irland sind viele Schule noch sehr katholisch „geprägt“. Mädchen und Jungen müssen in Uniformen und teilweise sogar in getrennten Schulen lernen und alles ist sehr auf die Religion fokussiert. Die Schule beginnt mit den „Junior Infants“ und „Senior Infants“. Diese beiden Stufen kommen noch vor der ersten Klasse. Ich habe zwei „Senior Infant“ Klassen begleitet. Danach geht die Grundschule bis zur 6ten Klasse, bevor man sich für eine weiterführende Schule entscheidet.

Seit ein paar Jahren gibt es ein weiteres Schulkonzept. Die sogenannten „Educate together“ Schulen sind nicht ganz so streng konzepiert. Der Fokus liegt auf Integration und Gleichberechtigung. Meine Grundschule war eine solche Schule. Neben bis zu 20 verschiedenen Nationalitäten in einem Jahrgang, sind dort auch Kinder mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen in fast jeder Klasse zu finden. Ein super Konzept, wie ich finde, dass den Kindern von klein auf beibringt: „Wir sind alle unterschiedlich, aber alle gleich.“ Schon die 6-jährigen wussten, wie sie Rücksicht auf einen autistischen Jungen nehmen und wie sie einem Mädchen mit wenig Englischkenntnissen helfen können. In anderen Jahrgängen wurden Kinder mit Downsyndrom genauso beim Fußballspielen bejubelt wie die Kinder ohne Einschränkungen. Mich macht es immer noch glücklich zu sehen, dass die Kinder so offen und respektvoll miteinander umgegangen sind.

Dublins Innenstadt mit Möwe

In der Schule habe ich mich vor allem mit den leistungsschwachen Kindern beschäftigt. In den Klassen gab es je ungefähr 3-4 Kinder, die allein entweder überfordert waren oder einfach nochmal den extra Anschubser brauchten, um ihre Aufgaben zu erledigen. Natürlich darf man nicht vergessen, dass die Kidds erst ganz am Anfang sind. Sie lernen die Zahlen von 1 bis 10 und schreiben ihre ersten Sätze. Dass da eine 5, eine 2 und ein S manchmal alles dasselbe sind, ist ganz normal :)

Für mich besonders interessant war die Arbeit mit den behinderten Kindern. Es ist so, dass in fast jeder Klasse ein „Special Needs Assistent (SNA)“ ist. Das ist kein ausgebildeter Lehrer, sondern eher eine Pflegekraft, die nur für die Kinder mit Einschränkungen da ist und diese unterstützt. Trotzdem durfte auch ich mit einem Jungen mit Autismus arbeiten. Ich fand es interessant, sich in einen so andersdenkenden Kopf einzudenken und versuchen ihn zu verstehen. Für mich war das aufschlussreich und ich habe ganz viel dazu gelernt.

Der Schultag war meistens sehr ähnlich aufgebaut. Vormittags gab es Englisch oder Mathe, dann „Aistear“, ein Fach, in dem die Kinder zwei Wochen lang kreative Aufgaben zu einem Thema bearbeiten und nach dem Mittagessen andere Fächer wie Sport, Religion oder Irisch. Besonders gefallen hat mir „Aistear“. Beispielsweise hatten wir zwei Wochen das Thema Weltall. In Gruppen haben die Kinder Stationen wie roleplay, construction oder art bearbeitet und sich so spielerisch mit dem Thema auseinandergesetzt.

Nachmittags habe ich meistens noch etwas im Hort mit ausgeholfen habe. Dort konnte ich zu den Kindern nochmal eine viel engere Bindung aufbauen und mit ihnen spielen und Spaß haben.

das Viertel Temple Bar bei Nacht

Von Montag bis Freitag war ich immer in der Schule und habe nachmittags nur mal einen Spaziergang gemacht. Aber am Wochenende hatte ich Freizeit und da habe ich versucht, so viel wie möglich von Irland zu sehen.

Anfangs war ich viel in Dublin unterwegs und habe mir die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt angeschaut. Dazu gehören Grafton Street und das Viertel Temple Bar. Empfehlen kann ich auch das EPIC Museum wo es um „Irish emmigation“ geht. Auch das Trinity Collage ist nicht zu vergessen mit der Ausstellung zum „Book of Kells“ und dem Longroom, der wie aus den Harry Potter Filmen aussieht.

Aussicht auf Bray vom Klippenwanderweg nach Greystones

Für mich viel schöner waren die Vororte Dublins. Mit der DART (einer Bahn) ganz einfach zu erreichen haben ich viele Tagesausflüge nach Howth, Malahide und Bray gemacht. Besonders zu empfehlen ist, ein Stückchen entlang der Klippen zu wandern. Bei schönem Wetter kann man nicht nur super die Sonne genießen, sondern auch weit aufs Meer hinausschauen und wer Glück hat, kann sogar die britische Küste sehen. Etwas abseits der touristischen Spots kann man dort auch gut zur Ruhe kommen und einfach den Moment genießen.

Ich im Sonnenuntergang (hinter mir Bray, rechts von mir Killiney)

Mein Geheimtipp für alle, die in Dublin und Umgebung sind. Nehmt euch einen Tag Zeit für einen Ausflug auf den „Killiney Hill“ Mit der DART von Dublin aus ganz einfach zu erreichen, kann man einen entspannten Spaziergang von einer halben Stunde vom Strand bis auf den Berg machen. Und das lohnt sich. Der Ausblick ist atemberaubend. Man kann ganz Dublin überblicken und auf der anderen Seite Bray und das Meer sehen. Ich habe mir dort einmal den Sonnenuntergang angeschaut und es war echt schön.

Aussicht auf den Upper Lake in Glendalough

Nicht weit von Dublin entfernt gibt es auch total schöne Nationalparks. Leider konnte ich mir kein Auto ausleihen und so musste ich umständlich mit Bussen nach Glendalough fahren. Das ist ein kleiner Ort in Wicklow, und für Wander- und Naturbegeisterte echt einen Ausflug wert. Ich hatte bestes Wetter und konnte eine lange Wanderung um den Upper Lake machen. Es ist zu empfehlen, auch wenn die Anreise mit dem Bus erstmal abschreckend ist. Und auch wenn man nicht um den See wandern möchte, gibt es touristische Busfahrten, wo man sich zumindest den See einmal anschauen kann. :)

der Klippenwanderweg zu den "Cliffs of Moher"

Ich habe zwei richtig große Ausflüge gemacht, die mich weiter von Dublin weggebracht haben. Ein ganzes Wochenende bin ich nach Galway an die Westküste gefahren (mit Bus; es gibt von den großen Städten in andere Städte gute und vor allem recht billige Busfahrten). Einen Tag habe ich mir Galway angeschaut und am Anderen bin ich zu den „Cliffs of Moher“ gefahren. Zu empfehlen ist auch hier, nicht immer nur die touristische Aussichtsplattform zu besuchen. Ich bin mit dem Bus bis nach Doolin gefahren, das ist etwa 2h von Galway entfernt. Von dort gibt es einen Küstenwanderweg von ca. 8km bis zum Aussichtspunkt der Klippen, an denen die Touribusse halten. Ich hatte leider nicht das beste Wetter, es war windig und nass, aber darauf muss man sich eh an der Küste einstellen. Ich habe niemanden getroffen, hatte den Wanderweg ganz für mich alleine und konnte die wirklich abwechslungsreiche Aussicht auf Meer und Feld genießen.

das Titanicmuseum

An einem anderen Wochenende ging es nach Belfast. Dieser Ausflug war vor allem interessant, da ich vorher im irischen Kino den gleichnamigen Film „Belfast“ gesehen hatte, in dem es um die religiösen Auseinandersetzungen in der Stadt bzw. in ganz Nordirland ging. Deshalb ging es auf jeden Fall zur Peacewall, die damals katholisch und protestantisch trennte. Aber auch das Titanic Museum wurde von vielen Einheimischen angepriesen. Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt noch nicht mal, dass die Titanic in Belfast gebaut wurde. Total cooles Museum mit kreativen Möglichkeiten, das Wissen zu übermitteln.

Destille des „Jameson“ Whiskeys

Neben den touristischen Zielen habe ich auch viel über die Mentalität der Iren lernen können. Alle waren immer sehr offen und hilfsbereit. Ich wurde immer in Gespräche eingebunden, nach meiner Meinung gefragt und mir wurde viele Tipps gegeben, wie ich die Zeit auf der grünen Insel am Besten nutzen kann. Und dazu gehört auf jeden Fall ein Pubbesuch!

Ich war nicht besonders oft etwas trinken, aber wenn, dann hatte ich immer eine coole Zeit. Einmal war ich mit Lehramtsstudenten, die ihr Referendariat an der Schule absolviert haben in einer Bar, und einmal mit den Lehrern in einem richtigen Pub mit Livemusik. Eine Erinnerung, die ich nicht missen will. Aber seit trinkfest ;) Denn die Iren trinken viel und fangen früh an.

In diesem Zug zu empfehlen ist auch ein Besuch in einer Destille oder des Guinness Storehouses. Nicht nur wegen des Freibieres, sondern auch, um zu lernen, wie die, für das Land typischen Biere und Whiskeys gebraut/destilliert werden. Ich kann die Destille des „Jameson“ Whiskeys empfehlen. Die Führung wurde von Mitarbeitern gemacht, die komplett für ihren Job brennen und mit so viel Enthusiasmus erzählt haben, dass man richtig mitgefiebert hat.

Saint Patricks Day Parade

Die drei Monate gingen viel zu schnell vorbei und auch wenn ich mich wieder auf zuhause gefreut habe, war ich etwas traurig zu gehen. Der Abschied in der Schule viel am schwersten, mit all den Kindern, die man am liebsten eingesteckt und mitgenommen hätte. Und auch von den Lehrern (die meisten waren auch noch sehr jung), mit denen ich mich sehr gut verstanden habe. Aber ich habe von allen ein so positives Feedback bekommen und Zuspruch, dass ich jetzt nach den drei Monaten zu 100% sicher bin, dass der Lehrerberuf das Richtige für mich ist. Und damit habe ich genau das erreicht. Und ganz nebenbei hat sich mein Englisch verbessert und ich habe mich selbst und die Welt etwas besser kennengelernt.

Ich kann jedem nur ans Herz legen, sich diese Erfahrung nicht entgehen zu lassen. Es bringt einem so viel. Vor allem für die eigene Selbstständigkeit. Du bist plötzlich nur noch auf dich angewiesen. Du kannst genau das machen, was du möchtest und entwickelst dich so viel weiter. Du lernst, auf Leute zuzugehen, dich in einer fremden Gegend, mit einer fremden Sprache und fremden Leuten nicht nur zu verständigen, sondern auch dich einzuleben, überall auf der Welt ein Zuhause zu finden und zu realisieren, dass die Welt so viele wunderschöne Flecken hat. Und dann lernst du auch, dass es immer wieder schön ist, nach Hause zu kommen :)